Würzburg (POW) Auf 400 Jahre Geschichte blickt das Würzburger Studienseminar Julianum am Freitag, 20., und Samstag, 21. Juli, zurück. Das aktuelle Gebäude in der Kapuzinerstraße ist deutlich jünger: 1954 weihte Bischof Dr. Julius Döpfner den Neubau ein, der das am 16. März 1945 zerbombte alte Gebäude ersetzte. Dort leben heute 45 Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schularten im Internat. Hinzu kommen 75 Realschüler und Gymnasiasten, die das Tagesinternat besuchen. Im Neubau wohnen 25 Studenten.
Gegründet wurde die Stiftung am 1. Januar 1607 von Bischof Julius Echter, der hierfür 73.000 fränkische Gulden investierte. Sein „Seminarium Nobilium“ sollte 24 jungen Adeligen Platz bieten, um „den für den Adel gestifteten heiligen Kollegien fromme und gebildete Kanoniker zu geben und für die fränkischen Gaue, Städte und Ämter kluge Vorstände heranzubilden“. Damals war das Internat im Südflügel der Alten Universität untergebracht, wie auch das Seminarium Sancti Kiliani, wo die Theologiestudenten wohnten. Beide Einrichtungen wurden von den Jesuiten geleitet, hatten den Regenten, die Hausordnung und den Speisesaal gemein. In das Seminarium Nobilium können laut Stiftungsbrief der Adel der Würzburger Diözese und Lehensherrschaft, der fränkische Adel überhaupt und auswärtige Adelige aufgenommen werden, sowie diese den erstgenannten nicht den Platz versperren. Der Aufnahmeantrag ist immer an die oberste Stelle zu richten: Das Recht der Aufnahme steht nur den Fürstbischöfen zu.
Schon 1631 ist vorerst Schluss mit dem Studienseminar: König Gustav Adolf von Schweden und Herzog Bernhard von Weimar ziehen in Würzburg ein. Alle Seminarien werden geschlossen und dienen den Besatzern zur Unterbringung von Pferden und Soldaten. 1651 erst beginnt Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn wieder damit, auf Kosten der von der Universität verwalteten Stiftung Söhne adeliger Familien bei angesehenen Familien in der Stadt unterzubringen. Im Jahr 1692 befinden sich alle adeligen Zöglinge im ein Jahr zuvor fertig gestellten Godefrideanum neben der Pfarrkirche Sankt Peter und Paul. Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal verlegt 1789 das geistliche Seminar in das seit 1773 leer stehende Jesuitenkolleg in der Domerschulstraße. Die Zöglinge des Julianums müssen ab 1795 auf Anordnung des Fürstbischofs Georg Karl von Fechenbach Uniformen tragen. 1803 wird das adelige Seminar aufgelöst und in einen Stipendienfonds umgewandelt. Als Ersatz erhalten jeweils sechs junge Adelige Zivilstipendien in Höhe von 350 Gulden jährlich und sechs weitere Militärstipendien in Höhe von jeweils 300 Gulden pro Jahr.
Bayernkönig Ludwig II. richtet am 3. Juni 1880 das adelige Seminar in der Kapuzinerstraße 6 neu ein. Im Ministerialblatt für Kirchen- und Schulangelegenheiten im Königreiche Bayern heißt es: „Seine Majestät der König haben sich allergnädigst bewogen gefunden, unterm 3. Juni 1. Js. zu genehmigen, dass das von Fürstbischof Julius in Würzburg gegründete adelige Institut unter dem Namen ‚Königliches adeliges Julianeum‘ mit Beginn des Schuljahres 1880/81 wieder eröffnet werde.“ Erster Direktor des neuen Hauses ist Ferdinand Schlör, späterer Bischof von Würzburg. Die Schüler des Julianums besuchen das Alte Gymnasium und erhalten im Internat Unterricht im Fechten, Tanzen, Musik und in modernen Fremdsprachen. 1886 wird das Haus um ein Stockwerk und eine Kegelbahn erweitert. 1918/19 kommt es zur ernsten Krise: Kriegsbedingt ist die Zahl der adeligen Zöglinge gesunken, die Inflation macht Pfandbrief und Anleihen wertlos und die Universität Würzburg stellt die Zahlungen von 6700 Mark ein, die seit 1880 jährlich flossen. Um die finanzielle Situation aufzufangen, werden zum Ende des Ersten Weltkrieges erstmals bürgerliche Schüler aufgenommen. Die Erlöserschwestern stellen für Küche und Haus drei Schwestern bereit. 1925 wird das Haus gründlich renoviert. Die Zahl der Schüler steigt von 35 auf 50. Erstmals wird im Waschraum der Anschluss für fließendes Wasser gelegt. 1937 entlassen die Nationalsozialisten alle geistlichen Direktoren staatlich beaufsichtigter Internate. Nach mehreren Kurzzeitdirektoren geht die Leitung des Julianums 1941 auf das Realgymnasium, das heutige Siebold-Gymnasium, über. Bei der Bombardierung Würzburgs im März 1945 werden alle Gebäude, Bibliothek und Archiv mit Akten des Julianums zerstört.
Im Juli 1950 wird Kaplan Dr. Heinrich Kunkel vom bayerischen Kultusministerium „mit der Führung der Geschäfte des Direktors am staatlich verwalteten Studienseminar Julianum in Würzburg betraut“. Mit wenigen Schülern wird der Internatsbetrieb im September im Dachgeschoss des Augustinerklosters aufgenommen. Im Oktober wechselt das Internat in das Wohnheim des Missionsärztlichen Instituts in der Friedensstraße 3. Nach dem Umzug in das wieder errichtete Haus in der Kapuzinerstraße 1956 erhält die Stiftung „Studienseminar Julianum Würzburg“ eine neue Satzung: Das Seminar soll weiter unter geistlicher Leitung stehen. Die Stiftung versteht sich als staatlich verwaltete Stiftung öffentlichen Rechts mit katholischem Charakter. Auch wenn die Universität in dieser Zeit wieder ihren so genannten Sustentationsbeitrag in Höhe von 6000 Mark jährlich leistet, sind immer wieder Zuschüsse von Kultusministerium und vor allem vom Bischöflichen Ordinariat notwendig, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. 1971 übernimmt als erster Laie Dr. Werner Neubig den Posten des Seminarrektors. Aktueller Stiftungs- und Seminarrektor ist OStR i. K. Martin Adler. Stellvertretender Leiter ist der Schulreferent der Diözese Würzburg, Domkapitular Monsignore Günter Putz. Rund 25 Personen kümmern sich um das Haus und den Internatsbetrieb, zu dem bis vor wenigen Jahren das spezielle Angebot eines Basketball- und Tischtennisinternats gehörten.
Am Freitag, 20. Juli, findet um 19 Uhr in der Zehntscheune des Juliusspitals der Festakt zum 400. Jubiläum mit Bischof Dr. Friedhelm Hofmann statt, bei dem auch die Festschrift vorgestellt wird. Festredner ist Professor Dr. Walter Eykmann. Am Samstag, 21. Juli, wird um 10.30 Uhr ein Festgottesdienst in der Seminarkirche Sankt Michael gefeiert. Es schließt sich Festbetrieb in der Kapuzinerstraße 6 an. Dort werden unter anderem eine Fotoausstellung, Live-Musik und der Auftritt einer Akrobatengruppe geboten.
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